Der EuGH hat mit Urteil vom 7. September 2016 (Az.: C-310/15) entschieden, dass der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software an sich keine unlautere Geschäftspraxis im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken darstellt, es sei denn, eine solche Praxis widerspreche den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht oder beeinflusse das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf dieses Erzeugnis wesentlich.
Zudem entschied der Gerichtshof in Luxemburg, dass, bei einem Kopplungsangebot von Computer und vorinstallierter Software, der Preis bezüglich der Software keine wesentliche Information darstellt. Die unterlassene Preisinformation stellt mithin keine irreführende Geschäftspraxis im Sinne von
Art. 5 Abs. 4 a), Art. 7 der Richtlinie 2005/29/EG dar.
Vorgeschichte :
Das Urteil des EuGH erging im Rahmen eines von dem französischen Kassationsgerichtshof angestrengten Vorabentscheidungsverfahrens. Ausgangspunkt war ein Rechtsstreit zwischen einem französischen Staatsbürger (Käufer) und der in Frankreich ansässigen Sony Europe Ltd.
Der Käufer erwarb im Jahre 2008 von der Sony Europe Ltd. einen Computer mit vorinstallierter Software (Betriebssystem Microsoft und weitere Softwareanwendungen). Dabei wurde er vor dem Kauf darüber informiert, dass der Computer mit einer vorinstallierten Software ausgestattet ist. Es wurde zudem der Gesamtkaufpreis angegeben, ohne dass die jeweiligen (Einzel-)Preise der Softwareanwendungen ausgezeichnet wurden.
Bei der erstmaligen Nutzung des Computers lehnte der Käufer die Unterzeichnung des „Endbenutzer-Lizenzvertrags“ des Betriebssystems ab und verlangte von der Sony Europe Ltd. im Folgenden die Erstattung der Kosten, die auf die vorinstallierte Software entfallen. Das französische Unternehmen stimmte einer partiellen Kaufpreiserstattung nicht zu, bot dem Käufer jedoch die Rückgängigmachung des gesamten Kaufvertrags an. Der Käufer lehnte dieses Angebot ab und erhob Klage auf Zahlung einer pauschalen Entschädigung wegen der vorinstallierten Software, sowie Schadensersatz wegen unlauterer Geschäftspraktiken.
Er war der Ansicht, dass erstens, der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software eine unlautere Geschäftspraxis darstelle und zweitens, die unterlassene Information über den Preis der jeweiligen Softwareanwendung irreführend war.
Nachdem die Klage in den Vorinstanzen erfolglos blieb, setzte der französische Kassationsgerichtshof das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2005/29/EG (UWG-RL) zur Vorabentscheidung vor.
Entscheidungsgründe :
Der EuGH entschied, dass die Kopplung eines Computers mit vorinstallierter Software in einem einzigen Angebot nicht per se eine unlautere Handlung darstellt (s. Katalog des Anhangs der UWG-RL). Im Rahmen der dann folgenden Einzelfallprüfung untersuchte das Gericht, ob die Kopplung einen Verstoß gegen berufliche Sorgfaltspflichten begründet oder eine irreführende Geschäftspraxis darstellt und aus diesem Grund unlauter iSd UWG-RL ist.
Das Gericht verneint einen Verstoß gegen berufliche Sorgfaltspflichten, wenn sich das Kopplungsangebot nach den Marktgepflogenheiten richtet und der Verbraucher frei in seinen Entscheidungen war. Dies ist zu bejahen, wenn das Kopplungsangebot den Erwartungen eines Verbrauchers entspricht und dieser bei Vertragsschluss hinreichend über den Inhalt des Angebots informiert wurde. Die Kopplung sei dann nicht geeignet, das Marktverhalten eines Verbrauchers zu beeinflussen.
Der EuGH forderte sodann den französischen Kassationsgericht auf, zu prüfen, ob die Kopplung eines Computers und einer vorinstallierten Software in einem Angebot im Rechtsstreit zwischen dem Käufer und der Sony Europe Ltd. diesen Kriterien entsprochen habe. Jedoch wies das Gericht darauf hin, dass ein Verbraucher grundsätzlich bei dem Kauf eines Computers dessen sofortige Nutzbarkeit erwarte und mithin davon ausgehe, dass der Computer eine bereits installierte Software enthalte.
Zudem entschied der EuGH, dass der Preis einer vorinstallierten Softwareanwendung keine wesentliche Information für einen Verbraucher darstelle und der Unternehmer allein den Gesamtpreis für Computer und vorinstallierte Software angeben durfte. Dies gilt insbesondere, da die Sony Europe Ltd. lediglich Computer mit bereits installierter Software verkaufe. Die unterlassene Information bezüglich der Einzelpreise der vorinstallierten Software stellt laut Gericht daher keine irreführende Geschäftspraxis dar.
In diesem Zusammenhang auch: Entscheidung der Cour de Cassation, 1. Zivilkammer, 5. Februar 2014, n°12-25748 (Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software ist nicht unlauter, wenn Verkäufer erkennbar auch Computer ohne vorinstallierte Programme anbietet)