Die Rechtsprechung zur Schriftform von langfristigen Mietverträgen beschäftigt die Gerichte seit langer Zeit und ist immer noch ein brisantes Thema, mit dem sich Vermieter und Erwerber von vermieteten Immobilien unbedingt auseinandersetzten sollten.

Zum rechtlichen Hintergrund:

Gemäß §§ 550, 578 Abs. 2, 126 BGB bedarf ein Mietvertrag über Geschäftsräume, der für längere Zeit als für ein Jahr geschlossen wird, der schriftlichen Form.

Die Anforderungen, die im Einzelnen an die Schriftform gestellt werden, sind Gegenstand einer Vielzahl obergerichtlicher und auch höchstrichterlicher Entscheidungen. Daraus ergeben sich im Einzelfall häufig Unsicherheiten für die Bewertung, ob die Schriftform eingehalten wurde.

Wird die Schriftform nicht beachtet, ist der Vertrag ordentlich kündbar, und eine vereinbarte, länger als ein Jahr dauernde Festlaufzeit damit hinfällig. Die Kündigung des Vertrages ist dann bereits zum Ablauf des ersten Jahres nach Überlassung der Mietfläche zulässig, bei Geschäftsräumen gemäß § 580 a Abs. 2 BGB mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ablauf eines Kalendervierteljahres. Dies hat gravierende wirtschaftliche Einbußen zur Folge.

Mittelbar hat die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit dann auch Auswirkungen auf etwaige Wertsicherungsklauseln im Vertrag. Sollte der Mietvertrag wegen einer Verletzung der Schriftform vorzeitig kündbar sein, fehlt es an der erforderlichen zehnjährigen Bindungsdauer des Vermieters für die Wirksamkeit einer Wertsicherungsklausel.

Anforderungen an die Schriftform:

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist es zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB grundsätzlich erforderlich, dass sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins, Dauer, Parteien des Mietverhältnisses etc. – aus der Vertragsurkunde ergeben.

Grundsätze:

Jede Vertragspartei darf sich nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich, auch nach jahrelanger Durchführung des Mietvertrages, darauf berufen, dass die Schriftform nicht eingehalten ist. Aus dem Umstand, dass die Parteien ihren Pflichten aus dem Mietvertrag über einen längeren Zeitraum nachgekommen sind, lässt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauen können, der Vertragspartner werde von der besonderen gesetzlich vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit nicht Gebrauch machen.

Nur ausnahmsweise kann die Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB sein, wenn die Unwirksamkeit zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde. Das kann etwa der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten hat oder die spätere formlose Abrede lediglich für ihn vorteilhaft ist oder die andere Vertragspartei durch die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses in ihrer Existenz ernsthaft bedroht würde.

Das Landgericht Berlin hat nun jüngst einem Mieter die Berufung auf einen Schriftformmangel versagt (Beschluss vom 16.08.2016, AZ 67 S 209/16): Die Mieter baten den Vermieter wegen finanzieller Engpässe zwei Mietzinsstaffeln einer im Mietvertrag getroffenen Staffelmiete auszusetzen. Der Vermieter entsprach dem Wunsch und setzte die Staffeln aufgrund formlos geschlossener Vereinbarungen aus. Die Mieter beriefen sich nach Ablauf der Aussetzung der Mietzinsstaffel wegen der nun geltenden erhöhten Miete auf eine Unwirksamkeit der Staffelmietzinsvereinbarung, da die Aussetzung nicht der gemäß § 126 BGB erforderlichen Form entsprach. Das Landgericht versagte dem Mieter diesen Einwand. Der Vermieter durfte auf die Einhaltung der Schriftform verzichten, da nur solche Staffelmietvereinbarungen gemäß § 557 a Abs. 1 Halbs. 1 BGB unwirksam sind, die zum Nachteil des Mieters von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. Die Geltendmachung eines Formverstoßes sei zudem gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Das Verhalten des Mieters sei unredlich und widersprüchlich, wenn die zu Gunsten des Mieters gesenkte Miete zum Anlass genommen wird, sich auf die Formunwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung zu berufen.

Fazit:

Die Entscheidung zeigt, dass die Einhaltung der Schriftform nicht nur im Gewerbemietrecht von enormer wirtschaftlicher Bedeutung für Vermieter und Erwerber von Immobilien ist, denn nur in Ausnahmefällen wird dem Mieter eine Berufung auf Schriftformverstöße verwehrt.

© Rechtsanwältin Claudia Lippold