In den letzten Jahren hat sich die Rechtsprechung des französischen Kassationsgerichtshofs zur Haftung der (ausländischen) Muttergesellschaft als „Mitarbeitgeber“ innerhalb einer Unternehmensgruppe weiterentwickelt, die den Anwendungsbereich der gesamtschuldnerischen Haftung der Muttergesellschaft zunehmend einschränkt.
Mit seiner aktuellen Entscheidung vom 7. März 2017 unterstreicht der Kassationsgerichtshof erneut, dass die arbeitsrechtliche Haftung der Muttergesellschaft neben der die Arbeitnehmer anstellenden Tochtergesellschaft ihre Grenzen hat. Hiernach soll es für die Annahme der „Mitarbeitgeberschaft“ einer Muttergesellschaft nicht ausreichen, dass
- die Mitglieder der Führungsebene der Tochtergesellschaft aus der Gruppe stammen und eng mit der Muttergesellschaft zusammenarbeiten und
- die Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaft eine bedeutende finanzielle Unterstützung zur Verfügung gestellt hat und mit ihr eine Liquiditätsvereinbarung sowie eine allgemeine Dienstleistungsvereinbarung über deren Unterstützung gegen Entgelt abgeschlossen hat.
Der Kassationsgerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auf seine, die „Mitarbeitgeberschaft“ bereits einschränkende, Rechtsprechung der vergangenen Jahre und die darin aufgestellten Prinzipien, wonach, abgesehen von dem juristischen Abhängigkeitsverhältnis im Rahmen eines Arbeitsvertrages, bei Gruppenunternehmen die Voraussetzungen der „Mitarbeitgeberschaft“ der Muttergesellschaft dann gegeben sind, wenn über die notwendige Koordinierung wirtschaftlicher Handlungen zwischen Unternehmen derselben Unternehmensgruppe und der hierdurch hervorgerufenen wirtschaftlichen Beherrschung hinaus, zwischen den betreffenden Gesellschaften eine Vermischung der Interessen, der Aktivitäten und der Unternehmensführung besteht, welche durch eine „anormale“ Einmischung in die wirtschaftliche und soziale Unternehmensführung der Tochtergesellschaft zum Ausdruck kommt.
Wenngleich diese Entscheidung zu begrüßen ist, sollten Unternehmen mit einer französischen Tochtergesellschaft im Rahmen ihres Tagesgeschäfts darauf achten, dass der Tochtergesellschaft in den Bereichen Finanzen und Personal ausreichende Freiräume eingeräumt werden, um das Risiko der Qualifikation einer anormalen Einmischung und damit der gesamtschuldnerischen Haftung weitgehend zu reduzieren. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die französische Rechtsprechung in besonderen Fällen auch die Möglichkeit einer deliktischen Haftung der Muttergesellschaft grundsätzlich für zulässig erachtet.